Michael Küppers-Adebisi präsentiert:
Manchmal – Der lass dich jeh´n reMIX – Literatur & Performance || Reparation & Restitution | Kolonialismus in Brandenburg – Diaspora Perspektiven

basierend auf Manchmal Sometimes von Michael Küppers-Adebisi in Claus Melter (Hrsg.) Diskriminierungs- und rassismuskritische Soziale Arbeit und Bildung. Praktische Herausforderungen, Rahmungen und Reflexionen, erschienen im Beltz Verlag.

Textprobe

lass dich jeh´n lieber schatz lass dich jeh´n
nur die liebe ist was zählt
wenn dich zeit und jesellschaft quält

Opus 54 No. 4a. Gesang mit Klavierbegleitung und Saxophon
Text Musik Black Hyperion und Adetoun Küppers-Adebisi
Cakewalk

lass dir jeh´n lieber schatz lass dir jeh´n
fühl dir frei lieber schatz
wirst schon seh´n
nur die liebe ist was zählt
wenn dir zeit und jesellschaft quält
wirst schon seh´n
wirst schon seh´n
wirst schon seh´n

ich sag dir an
die haben uns verkohlt
verbrannt verhauen
unseren glauben an die welt
in die hölle einjestellt
unseren geist geschunden
unsere narben jemehrt
mit wunden über wunden
wir uns selbst
unsere kinder hammse uns entrissen
und ihren jöttern zum frasse
vorjeschmissen
darum sag ich dir mein lieber mein schatz
lass dir jeh´n lieber schatz lass dir jeh´n
fühl dir frei lieber schatz fühl dir frei
wirst schon seh´n
vor´m ewijen jesetze
nur die liebe ist was zählt
wenn dich zeit und jesellschaft quält
wirst schon seh´n
wirst schon seh´n
wirst schon seh´n
ich sach dir an die haben uns verkohlt
verbrannt verkooft
uns´ren glauben an die welt
in die schlossplantage einjestellt
uns´re knochen uns jebrochen
uns´ren jeist jeschunden
uns´re namen über wunden
uns´re kinder uns entrissen
neue dann mit uns jemacht
und jelacht und jelacht

diese kinder
hammse se ihren jöttern dann zum frasse hinschmissen
mit den jötzenfratzen aus antiken zeiten
sich uns´re länder
untern nagel jerissen
jiejantische heuschreckplagen
neokolonial und no jewissen
trag´n se asbest und volkspaläste ab
anjeblich der jesundheit wegen
nie ums schutzjebiet jeschmisse
nicht verlegen
bau´n se schlösser wieder auf
kosten scheun se da ja keene
und so klotzen se rechts von mitte
in die humboldt foren
unsere kulturen und jeschichten rein
die wir nicht besitzen niemals hatten
und stellen warnend aus
für alle klar zu sehen
bei widerstand wird jenozid jeschehen
wirst schon seh´n wirst schon seh´n wirst schon seh´n
hier ´nen kopf und da ´n bein
nur alt und abjerissen muss es sein
abjerissen abjeschnitten
und in de charité
von professionellen konserviert
und in alkohol jefüllten glascontainern vorjeführt
und endlich auch zum Weltkulturerbe deklariert
und mit kultischem ethno-pop jarniert
für europas kapital
global – na ejal
jedenfalls
sagen se uns dann janz jerissen
eklisch jrinsend
das Schloss sei voll
und wir sollten uns ver ….
neo-kolonial
und no jewissen
fällt halt keene eene
keene eene Eentrittskarte ab
und woll´n mer in die Ausstellung rinne
müss´n mer erst jestorben sinne
doch für nu
hamm wa uns´re Schuldichkeet jetaan
und dürfen jeh´n
wenn se versteh´n
wat ick meen

wirst schon seh´n wat ick meen
wirst schon seh´n wirst schon seh´n
wir dürfen jeh´n
wir dürfen jeh´n
zum lumpenproletariate hin
unter die brücken drunter
quall der wahl ob ringbahn
oder direkt in den untergrund
deutsche integration final verstehen
heisst zu lernen zu verstehn
nur wenn andere mit den eig´nen augen seh´n
das der armut hunger höllisch oft zum himmel stinkt
menschenzoo im untergrund bei kälte
hier hilft performance und ne sprache
auf dem weg zum euro hin
und so performen sysyphusse täglich
ihren willen nicht zu stinken
oder gleiten öffentlich ab

wenn se versteh´n
wat ick meen
wirst schon seh´n wat ick meen
wirst schon seh´n wirst schon seh´n
wirst schon seh´n

und so schrein´ se unzufrieden dann schon wieder
wie von alt die gleichen lieder
sing´n se dann ooch janz jerissen eklisch jrinsend
das Schloss sei voll und wir sollten uns ver ….
neokolonial
und no jewissen
wirst schon seh´n wirst schon seh´n wirst schon seh´n
daher
fühl dich frei lieber schatz
wirst schon seh´n
nur die liebe ist was zählt
wenn dich zeit und gesellschaft quält
wirst schon seh´n wirst schon seh´n wirst schon seh´n

und so konsumier´n se
unsere schmerzen weiter
strukturprivilejiert
und immer heiter
heiter
heiter

in dem dreck
in dem sie suhlen
fotographie
und telegraphie
architektur
und theater
internet geschwaffer
multimedia ge-twitter
ausscheidungsprozesse
abermals öffentlich
zur Schau gestellt
eben nur mit unterkühlter raffinesse
asoziale medien ohne leben eben

daher
fühl dich frei lieber schatz
wirst schon seh´n
nur die liebe ist was zählt
wenn dich zeit und gesellschaft quält
wirst schon seh´n wirst schon seh´n wirst schon seh´n

wenn sie
unsere schmerzen wieder
in die neusten trende giessen
mit struktur und schmiedehämmern
aus denen blumen spriessen
die sich echauffieren
und dich dann wieder malträtieren

wenn die form nicht bleibt gewahrt
schreien sie
aaach – ist denn das dann
denn so noch richtig
ist das wie es soll

kinders
blues muss bleiben blues
und jazz muss bleiben jazz
und spoken word muss bleiben das jedicht

denn ach das kennen wir so
und anders erkennen´s wir nicht
denn ach das wissen wir so
und anders wissen wir das nicht
nee neee neeee
so jeht das nicht
so wird alles
archiviert und degradiert
mit ihren worten wird’s vermessen
industrie – alisiert und dann vergessen
wem´s gehört wem´s gehört wem´s gehört
unerhört unerhört unerhört
und kultur wird dann dazu gerufen
das was dir
in deinem schädel dröhnt
weil jede
form von moral es nur verhöhnt
und selbst daran
sie noch verdienen
dieses geld dieses geld
dieses geld
ihren held und ihre heldin
auf der weltenrunden bühne
wird es nun mehr
global die zeit für sühne
nun da die meere sich erheben
und selbst die eis´gen weissen wipfel schmelzen
wie titanien ächzen klagen
diesen schmutz und schund
nicht mehr ertragen
und es so nicht weitergeht

sag ich dir
bevor´s zu spät

mein lieber schatz
lass dich jeh´n mein lieber schatz lass dich jeh´n
fühl dich frei lieber schatz
wirst schon seh´n
nur die liebe ist was zählt
wenn dich zeit und jesellschaft quält
wirst schon seh´n
wirst schon seh´n
wirst schon seh´n
ich sag dir an die haben uns
verkohlt verbrannt verhauen
unseren glauben an die welt
in die hölle eingestellt
unseren geist geschunden
unsere namen über wunden wunden
unsere kinder uns entrissen rissen rissen
lass dich gehen lieber schatz lass dich geh´n
fühl dich frei lieber schatz
wirst schon sehn
nur die liebe ist was zählt
wenn dich zeit und gesellschaft quält
wirst schon sehn
wirst schon sehn
wirst schon sehn.

Michael Küppers-Adebisi ist Poet*in, Autor*in, Publizist*in, Kurator*in, Multimedia- und Performancekünstler*in. Seine Projekte wurden 2004 von UNESCO, UN 2016 und 2020 von CIM Nigeria als Best Practice ausgelobt.

Seit 2002 konzipiert er kulturelle Bildungs- und Wissenstransfer-Plattformen in Kooperation mit Institutionen wie Bundeszentrale für politische Bildung, Goethe Institut, Heinrich Boell Stiftung und Haus der Kulturen der Welt.

Der May Ayim Award wurde 2004 als deutsches UNESCO Projekt zur Erinnerung an den Versklavungshandel und seine Abschaffung ausgelobt.

Seit 2012 kuratiert sie die Black Berlin Biennale for Contemporary Art & Decolonial Discourse, die seit 2016 offizielles Projekt der UN Dekade for People of African Descent ist.
Seine Ausstellungen und Performances wie die Anti-Humboldt-Box wurden u.a. im HKW Berlin, der Villa Romana Florenz und dem Goethe Institut Johannesburg gezeigt.

Seit 2019 ist er für AFROTAK TV cyberNomads als Gründungsvorstand für Decolonize Berlin e.V. aktiv.

Textprobe. Zweiter Teil:

Der Schmerz der Zeit das Bewusstsein über die DNA von Veränderung erlangt stellt den Begriff der Tragik großer Dramen in die Grenzen von existentieller Schuld und transgenerationaler Sühne.
Das lyrische Ich verwirft eine Welt kollektiven Scheiterns der dekolonialen Allianzen von Schwarz und weiss der Gegenwart. Diese Erkenntnis durch sein eigenes ideelles Scheitern initiiert den Gewissenskonflikt aus dem ein Blick auf die Wirklichkeit möglich wird, die über den individuellen Kampf für Utopien von Befreiung hinauswächst. In einer afrofuturistischen Geste wird der westliche Humanitätsbegriff in das Zentrum epistemologischer Gewalt gerückt.
Hoffnungen aufgrund von Straßenumbenennungen, Bilderstürmen und evolutionären Bildungsansätzen werden relativ aus Perspektive des Vermächtnisses derer, deren Archive die Annalen Jahrhundertelanger Ausbeutung und Deprivilegierung in sich tragen.

Ist Dichtung möglich ist die Frage, die nach dem Holocaust Deutschlands kulturelle Ausrichtung bewegte, wird zur Frage, ob ein dekolonialer, transsektional, seiner eigenen Vergangenheit bewusster Kampf um Macht, die Zukunft seines eigenen Vermächtnisses ertragen kann. Prinzip Hoffnung als Schmerz von Existenz, die Zeit und Raum überwindet in der Kommunikation mit Seelen von Vorfahren, die Scheitern als Unmöglichkeit mit auf den Weg gegeben haben, angesichts der Notwendigkeit der Freiheit von Nachkommenden, die als Teil der Visionen eine Welt übernehmen die ökologische, ökonomische und ethische Grenzen der Umkehrbarkeit überschritten sieht.

Nachkommende, die dennoch für ihre eigene Perspektive von Menschlichkeit werden kämpfen müssen. Sometimes. Geschrieben in der UN-Dekade for People of African Descent.

Bibliographie

Herausgeber*in

2004 May Ayim Award (Buch und Multimedia-CD), Hrsg: Küppers-Adebisi/ Piesche u.a., Orlanda Verlag mit (AFROTAK TV) cyberNomads, Berlin, ISBN 3-936937-4
Online-Dossier Afrikanische Diaspora Deutschland, Hrsg: BpB Bundeszentrale für politische Bildung &(AFROTAK TV) cyberNomads, Berlin
TheBlackBook, 1. Übersicht über Schwarze Präsens in Deutschland – Mittelalter bis Gegenwart, Hrsg: AFROTAK TV cyberNomads mit ADB Köln IKO–Verlag, Münster, ISBN 3-88939-745-X

1995 Lost Tribes of Afrika – Anthologie Hrsg: The COFFEESHOP, Selbstverlag, Düsseldorf-Berlin

1991 – Macht der Nacht Publikation ISD Initiative Afro Deutsch Literatur Kunst Afrika Deutschland texte

Autor*in

2021
Manchmal
Claus Melter (Hrsg.) Diskriminierungs- und rassismuskritische Soziale Arbeit und Bildung. Praktische Herausforderungen, Rahmungen und Reflexionen 2. Auflage

2016
AFROTAK TV cyberNomads – Über De-Koloniale Wissensarchive, Soziale Netzwerke & künstlerisch-mediale Wissensmanagementstrategien, IN: „Spiegelblicke. Perspektiven Schwarzer Bewegung in Deutschland“, Hrsg: Bergold-Caldwell u.a., Orlanda Verlag, Berlin, ISBN 9783944666235

2016
Der Reichstag – Kafka in the reMIX. Für eine Neue Kultur in Deutschland. Statt: Gegen Deprivilegierung, In: Melter, Claus Hrsg: Diskriminierung und Rassismus kritische Arbeit und Bildung. Belz Juventa, Weinheim und Basel, ISBN:978-3-7799-3319-9

2016
Kulturwandlungstheorie meets Das Kreuz im Fenster. The Big Data reMix, In: Khoepsell, Philipp Khabo Hrsg: The Afropean Contemporary. Literatur- und Gesellschaftsmagazin. epubli GmbH, Berlin, ISBN: 9783844283266

2015
Black Germania – Talking in Tongues, IN: Arriving in the Future. Stories of Home & Exile, Hrsg: Esuruoso/ Khöppsell, epubli, Berlin, ISBN: 9783844292107

2014
Rassismus in Medien und Kinder- und Jugendbüchern, IN: MIGazin – Migration in Deutschland, Online

2014
The Black-Berlin-Rennaissance. Diaspora-Documentary Art as Political Intervention Strategy, Hrsg: Caribbean INTRANSIT-ARTS-Journal Online

2013
Diaspora – Gesichter der Afrika Renaissance, IN: FREITEXT Kultur & Gesellschafts-Magazin, Berlin

2013
Musik Politik Migration – Kleine Schwarze Deutsche Musik-Geschichte, IN: Politik & Migration, Hrsg: Marvin Oppong, Springer, Berlin ISBN 978-3-531-93316-0